Wiener Pauke

Grundsätzlich werden bei allen Membranophonen in Wien Ziegenfelle eingesetzt (weltweit werden Kunststofffelle eingesetzt). Das Naturfell ergibt einen spezifischen Klang und erfordert eine darauf abgestimmte Spieltechnik und Schlägel. Die "Wiener Pauke" (Modell Hochrainer) besitzt ein Handhebelsystem anstelle des weltweit üblichen Pedalsystems. Darüber hinaus wird beim Stimmen der Kessel als beweglicher Teil an das Fell gepreßt. Bei den international üblichen Pedalpauken ist es umgekehrt: das in einen Ring gespannte Fell wird gegen den Kessel gepreßt. Die unterschiedliche Konstruktion macht zwar für die MusikerInnen einen großen Unterschied in der Bedienung und Spieltechnik, trägt aber in keiner Weise zu dem doch sehr speziellen Klang der Wiener Pauke bei.

Grundsätzliches zu Akustik der Pauke

  • Der Klang der Pauke wird primär durch die Schwingungen des Fells bestimmt.
  • Die Tonhöhe steigt mit der Spannung des Fells.

Das Fell schwingt (wie die Saite einer Violine) entsprechend der Spannung und seiner Masse bei bestimmten Frequenzen besonders gut. Da das Fell jedoch eine Fläche ist, gibt es im Unterschied zur Saite, die nur auf eine Art schwingt, zwei verschiedene Arten der Schwingung die gleichzeitig vorhanden sind (siehe Abbildungen nebenan). Es gibt:

  • radiale Moden
  • zirkuläre Moden

Wie bei allen Musikinstrumenten wird die Klangfarbe der Pauke von der Anzahl und Stärke der Teiltöne (Obertöne) bestimmt. Diese wiederum werden von den Moden (= Schwingungsformen des Fells) erzeugt.

Im Gegensatz zu Streich- und Blasinstrumenten, bei denen die im Klang enthaltenen Teiltöne alle in einem ganzahligen Verhältnis zur tiefsten Schwingung (=Grundton) stehen, besitzt die Pauke jedoch viele Teiltöne, die kein ganzzahliges Verhältnis zur tiefsten Schwingung besitzen. Diese Teiltöne machen es schwierig, die genaue "Tonhöhe" eines Paukenklanges zu bestimmen und sind für den "Geräuschanteil" im Paukenklang verantwortlich.

Die radialen Moden klingen lange nach (ca. 1,5s) und ihre Frequenzen haben eine annähernd harmonische Struktur wie bei Musikinstrumenten üblich, d.h. ihre Frequenz ist ein ungefähr ganzzahliges Vielfaches der tiefsten Frequenz. Sie sind für den Tonhöheneindruck bestimmend.

Die zirkulären Moden hingegen klingen sehr schnell ab (0,2 - 0,3 sec.) und ihre Frequenzen passen in kein harmonisches Raster. Sie sind für den geräuschhaften Charakter des Paukenklanges verantwortlich.

Die jeweils aktuelle Schwingungsform einer Mode wird üblicherweise mit zwei Ziffern bezeichnet. Die erste Ziffer gibt die Ordnungszahl der radialen Mode an (ist für die Tonhöhe verantwortlich), die zweite Ziffer die der zirkulären Mode (Geräusch). Die Abbildung oben zeigt die ersten 3 der beiden Schwingungsarten getrennt. In natura treten immer beide gleichzeitig auf.

 

Wo liegt nun der Unterschied zwischen Wiener Pauken mit Ziegenfell und international üblichen Pauken mit Kunststoff-Fell?

Der Klang der Wiener Pauke hat einen stärkeren "tonalen Charakter", die internationale Pauke besitzt einen mehr geräuschhafteren Charakter.

Pedalpauke Die Abbildung nebenan zeigt eine 3D-Analyse eines Paukenschlages (Schlägeltyp: mittel). Die Zeit läuft von hinten nach vorne, die Frequenz von links nach rechts und die Amplitude (Stärke) ist auf der senkrechten Achse aufgetragen. Die einzelnen Teiltöne erkennt man als mit der Zeit niedriger werdende "Bergrücken". Der Grundton (Mode 11) ist schwarz markiert, die Quinte (Mode 21) ist blau und die Oktave (Mode 31) ist rot markiert.

Deutlich ist zu erkennen, dass bei der Wiener Pauke die harmonischen, ganzzahlig vielfachen (radialen) Moden stärker ausgeprägt sind als bei der internationalen Pauke. Viele inharmonische Teiltöne im Klang und Schwebungen bei der Internationalen Pauke verstärken den perkussiven Charakter.

Die Tabelle links zeigt einen Vergleich der Amplitude des Grundtones (das ist die Auslenkung des Paukenfells der Mode 11 in Nanometer), mit Laser Interfereometrie gemessen. Bei den wiener Modellen ist der Grundton im Klangspektrum signifikant stärker vertreten. Beonders groß tritt der Unterschied bei den kleineren Paukenkessel auf.

Der Klang der Wiener Pauke ist etwas modulationsfähiger. Das Ziegenfell reagiert stärker auf unterschiedliche Kopf- und Schlägelmaterialien.

Allerdings besitzen Naturfelle den Nachteil, extrem stark auf Luft-Feuchtigkeit zu reagieren.

 

 

Kleine Trommel

Ähnlich der Pauke wird auch bei der kleinen Trommel Ziegenfell benützt. Darüber hinaus wird ein stark bedämpftes Befestigungssystem bevorzugt, das gegenüber herkömmlichen Stativen, weniger Schwingungsenergie entzieht.

Im Extremfall kann die kleine Trommel auch auf einem Holzstuhl gelagert werden. Klangunterschiede sind hörbar, umfangreiche schwingungstechnische Untersuchungen sind geplant.

Becken

Hier werden noch immer Originalinstrumente der Firma Avedis Zildjan (Konstantinopel) verwendet. Diese "Türkischen Becken" wurden im 19. und 20. Jahrhundert gefertigt. Die Unterschiede liegen nicht nur im Material, sondern vor allem in der Herstellung: Während herkömmliche zeitgenössische Instrumente aus Walzblechen hergestellt sind, wurden diese original Zildjan-Becken gegossen und anschließend auf ihre Form abgedreht.